Koelnmesse 3.0

Aufräumen und Ordnen

JSWD Architekten
13. April 2016
Eingang Ost (Visualisierung: rendertaxi)
Die Koelnmesse plant bis zum Jahr 2030 bedeutende Investitionen, die den Neubau zweier Hallen sowie eines neuen Eingangsterminals für die West-Ost-Achse. Worin lag die Herausforderung der Aufgabenstellung?

Die Koelnmesse besteht aus einem über neun Jahrzehnte gewachsenen Gebäude-Konglomerat. Städtebaulich könnte man die Aufgabe mit «Aufräumen und Ordnen» umschreiben. Die größte Herausforderung bestand darin, unter Einbeziehung der Bestandsbauten ein eindeutiges Organisationssystem zu entwickeln. Wir haben dann dem in Nord-Südrichtung verlaufenden «Messeboulevard» eine in Ost-West Richtung verlaufende «Magistrale» hinzugefügt. Dadurch entsteht ein Erschließungskreuz mit vier definierten Eingängen. Die Hallenneubauten vervollständigen die orthogonale Struktur der einzelnen Ausstellunghallen zu einem wahrnehmbaren Ganzen. Architektonisch bestand die Herausforderung darin, aus den Fragmenten der baulichen Entwicklungsgeschichte zusammen mit den Neubauten eine erkennbare Einheit zu entwickeln und so der Koelnmesse ein unverwechselbares Gesicht zu verleihen. Wir haben eine architektonische Lösung entwickelt, die alle vier Eingänge zu einer gestalterischen Familie zusammenfasst und dadurch der Koelnmesse ein spezifisches «Corporate Design» und mithin eine Wiedererkennbarkeit verleiht. 

Luftblick von Norden auf den Bestand (Foto: Ausloberin)
Welche Funktionen muss das neue, zentrale Eingangsterminals und dessen Ost-West-Verbindung erfüllen?

Das neue Terminal erfüllt eine Reihe von Funktionen. Zunächst einmal definiert es die beiden Eingänge Ost und West. Messebesucher werden auf Straßenniveau empfangen und über breite Treppenanlagen auf die Ebene +1, die Verteilerebene geführt. Die von Ost nach West durchlaufende Verteilerebene ist die Haupterschließungsmagistrale, von der aus sämtliche an ihr liegenden Hallen erschlossen werden. Flankiert wird diese Erschließungsmagistrale durch zwei seitlich angeordnete Spangen, die einen Mix aus Gastronomie und Serviceeinrichtungen beherbergen. Darüber sind, ebenfalls in zwei Spangen angeordnet, Büros und Besprechungsräume, die in erster Linie den Ausstellern zur Verfügung gestellt werden. In der obersten Ebene ist das Konferenzzentrum untergebracht. Zwei große Säle für jeweils circa 1.200 Personen bilden an den Endpunkten zwei Pole mit eigenem Foyer. Dazwischen gibt es wiederum eine Doppelspange mit unterschiedlich großen Konferenz- und Besprechungsräumen. Zwei Dachfoyers erlauben Messe- und Konferenzteilnehmern, direkt von den benachbarten, als Parkflächen genutzten Hallendächern in das Terminal zu gelangen.

Lageplan, genordet (Zeichnung: JSWD)
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?

Die über einen Zeitraum von 90 Jahren gewachsene Gebäudestruktur der Koelnmesse weist trotz der unterschiedlichen Entstehungszeiten der Gebäude eine verbindende Gemeinsamkeit auf. Es ist die vertikale und rhythmisierte Gliederung aus Stützen, Lisenen und vertikalen Fenstern aller Bauten, die das Gesicht der Koelnmesse ausmachen. Die Architektur des neuen Terminals vervollständigt die gewachsene Struktur der Koelnmesse zu einem erfahrbaren Ganzen mit einer unverwechselbaren Identität. Ein diaphaner Vorhang aus sehr schlanken, weißen Stütze umgreift das Terminal und öffnet sich an den Eingängen um die Besucher in das Innere des Terminals zu führen. Logisch wird das Thema des weißen Stützenvorhangs auch im Innenraum fortgeführt. Als Motiv für die Außenfassade der geplanten Hallen ist die Metapher eines großen Vorhangs vorgesehen, wie man ihn aus Theateraufführungen kennt. Der «Vorhang» besteht aus kostengünstigen, seriell herstellbaren, gekanteten Stahlblechelementen. Die unterschiedlich breiten Scharen der Blechpaneele erinnern mit ihrem Schattenspiel an die vertikale Faltung eines Vorhangs.

Ost-West-Verbindung (Visualisierung: rendertaxi)
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?

Grundsätzlich verbindet unsere Arbeit konzeptionelle Eindeutigkeit mit einem zurückhaltenden Einsatz formaler Mittel. Diese Sparsamkeit der Mittel im Großen, wie im architektonischen Detail ist eine wichtige Voraussetzung für die Langlebigkeit unserer Ideen. Von daher werden wir auch bei dieser Aufgabe mit einem kleinen, disziplinierten Materialkanon arbeiten um den späteren Nutzern ein Maximum an Raum zur Entfaltung ihrer Ausstellungsideen bereit zu stellen. Die Farbe Weiß spielt als Identitätsmerkmal der Koelnmesse eine wichtige Rolle.

Details Halle 1plus und CONFEX®-Halle (Zeichnung: JSWD)
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Der Terminplan sieht vor, dass die Halle 1plus Mitte 2018 in Betrieb geht. Drei Jahre später soll die Fertigstellung der CONFEX-Halle folgen. Mit Fertigstellung des Terminals Mitte 2024 wird die Neubaumaßnahme abgeschlossen sein.

CONFEX®-Halle (Visualisierung: rendertaxi)
Koelnmesse 3.0
Beschränkter Wettbewerb, dreiphasig

Jury
Kaspar Kraemer, Vors. | Henk Döll | Prof. Manfred Hegger | Franz-Josef Höing | Jürgen Minkus | Prof. Manfred Ortner | Gerald Böse | Herbert Marner | Dr. Georg Klumpe | Niklas Kienitz | Rafael Struwe | Kirsten Jahn | Ralph Sterck | Anne Luise Müller

1. Preis
nach Überarbeitung
Architekt: JSWD Architekten, Köln
Verkehrsplaner: BSV Büro für Stadt- und Verkehrsplanung Dr.-Ing. Reinhold Baier GmbH, Aachen
Brandschutzplaner: BFT Cognos, Aachen
Tragwerksplaner: Werner Sobek, Stuttgart, New York, Moskau, Stuttgart
Bauingenieure: ZWP Ingenieur-AG, Köln, München, Stuttgart, Wiesbaden, Berlin, Hamburg, Bochum, Dresden, Köln
Visualisierer: rendertaxi architecture.visualisation, Aachen, Barcelona

2.Preis
nach Überarbeitung
Architekt: ingenhoven architects, Düsseldorf
Tragwerksplaner: Werner Sobek, Stuttgart, New York, Moskau, Stuttgart
TGA-Fachplaner: Drees & Sommer Advanced Building Technologies, Stuttgart
Brandschutzplaner: BPK Fire Safety Consultants GmbH & Co.KG, Düsseldorf

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