Symbolfrei sakral

Carsten Sauerbrei
2. June 2017
Die Gestaltung der multikonfessionellen «Netzaberg Chapel» musste ohne feststehende, gut sichtbare, religiöse Symbole erfolgen. Bild: mju-fototektur

Als Building 9000 wird der Standort der im Februar im oberpfälzischen Eschenbach eingeweihten «Netzaberg Chapel» von der US-Armee bezeichnet. Die Kapelle befindet sich oberhalb des 2008 errichteten «Netzaberg Housing Area» mit 830 Wohneinheiten für US-Soldaten der Garrison Bavaria, die am Truppenübungsplatz in Grafenwöhr stationiert sind. Schon 2004 erhielten Brückner & Brückner Architekten im Rahmen eines konkurrierenden Verfahrens den Zuschlag für den Bau der multikonfessionellen Kirche für die amerikanischen Soldaten und deren Familien. Laut dem «US-Army Standard of Chapel Construction» darf keine Konfession bei der Gestaltung bevorzugt werden und feststehende, gut sichtbare religiöse Zeichen sind nicht erlaubt. Daher stellte sich für die Architekten die Frage, wie man einen sakralen Raum ohne sichtbar religiöse Symbole schaffen kann.

Den Baukörper der weithin sichtbaren Chapel gestalten die Architekten in einer abstrahierten und reduzierten Geometrie. Bild: mju- fototektur

Für den weithin sichtbaren, minimalistisch weißen Baukörper wählten Brückner & Brückner Architekten eine abstrahierte und reduzierte Geometrie, die mit ihren höhengestaffelten Wandscheiben, dem turmartigen Abschluss und dem schmalen, hoch aufragenden Altarfenster Assoziationen an Kirchen der Region wecken soll. Im Inneren entschieden sie sich für bogenförmige Wandscheiben und Deckengewölbe, um den Kirchsaal zu strukturieren und Geborgenheit zu vermitteln, aber auch um das Himmelszelt oder im Längsschnitt die sanften Hügel der nördlichen Oberpfalz zu symbolisieren. Neben der Raumgeometrie ist es vor allem ihr Beleuchtungskonzept, das eine spirituelle Atmosphäre durch das leichte, immateriell weiß erscheinende Dach erzeugen soll.

Als Deckenabschluss des Kirchsaals wählten die Architekten, Bögen und Gewölbe um Geborgenheit zu vermitteln, aber auch um das Himmelszelt zu symbolisieren. Bild: mju-fototektur

Die von Brückner & Brückner Architekten gestalteten Räume sollten neben einer spirituellen Atmosphäre auch eine identitätsstiftende und gemeinschaftsfördernde Wirkung besitzen, sowie multifunktional nutzbar sein. Daher kann der Kirchsaal mit Sitzplätzen für bis zu 600 Personen durch eine mobile Trennwand geteilt werden und besitzt außerdem eine moderne Multimediaausstattung. Ergänzt wird dieser zentrale Raum durch ein sich darum herum gruppierendes Pfarrzentrum, bestehend aus zwei weiteren Gebäuden mit Kindergarten, Klassenzimmern und Seminarräumen, Büros und Küchen. Dazwischen entstanden überdachte Gassen und Plätze, die für Gespräche vor und nach dem Gottesdienst genutzt werden können.

Durch den Einsatz von Licht soll eine sakrale, spirituelle Atmosphäre entstehen und die Decke immateriell und leicht erscheinen. Bild: mju-fototektur

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