Koinvestor für Neuentwicklung ausgestiegen

Querelen ohne Ende um das Quelle-Gelände

Oliver Pohlisch
17. August 2016
Großversandhaus der ehemaligen Quelle GmbH, links der Quelleturm (Bild: Janericloebe via Wikimedia Commons)

Der Gebäudekomplex mit einer Fläche von 260.000 Quadratmetern an der Grenze zur Nachbarstadt Fürth war im Juni 2015 während einer Zwangsversteigerung für 16,8 Millionen Euro an den portugiesischen Mischkonzern Sonae Sierra gegangen. Der Entwickler und Betreiber von Shopping Malls in ganz Europa kündigte an, 300 Millionen Euro in die Sanierung der ehemaligen Quelle-Zentrale stecken zu wollen. Ein 18.000 Quadratemeter großes Einkaufszentrum, Büros und bis zu 500 Wohnungen sollen entstehen, der Baubeginn war für Mitte 2016 vorgesehen. Doch getan hat sich bisher nichts, ein Bauantrag wurde noch nicht gestellt.

Allerdings mussten schon Ende 2015 die vielen Kulturschaffenden und Kleinstunternehmer im Quelle-Komplex ihre dortigen Ateliers, Proberäume und Werkstätten verlassen. Sie brachten neues Leben auf das Gelände, nachdem der fränkische Versandhaushändler im Jahr 2009 Insolvenz angemeldet und seine zuletzt noch 3300 Mitarbeiter entlassen hatte. Zum «Quellkollektiv» zusammengeschlossen, kämpften die Künstler, Handwerker und Start-Up-Gründer für einen Verbleib auf dem Areal und versuchten vor der Zwangsversteigerung der Stadt immer wieder nahezulegen, wenigstens an diesem Ort die Chance zu ergreifen, einmal vom sattsam bekannten Pfad der von privaten Großinvestoren betriebenen Entwicklung ehemaliger innerstädtischer Industrieflächen abzuweichen. Vergebens.

Der Druck der Zwischenmieter sorgte immerhin dafür, dass die Kommune Sonae Sierra dazu bringen konnte, mit dem «Quellkollektiv» einen Zweijahresvertrag für die Nutzung des Heizhauses von Quelle abzuschließen. Dieses Gebäude bietet immerhin noch 2000 Quadratmeter Fläche für eine Bespielung jenseits der üblichen urbanen Monokultur.

Seit Januar 2016 war Sonae Sierra zudem mit dem Erlanger Bauträger und Investor Sontowski & Partner als potenziellem Partner für die Neuentwicklung der Quelle-Liegenschaft im Gespräch gewesen. Beobachter hatten mehrfach darauf hingewiesen, dass Sonae Sierra das Vorhaben wohl kaum alleine bewerkstelligen wolle. Dem Unternehmen fehle es vor allem an Know-how für die Realisierung von Büro- und Wohnflächen. Am Dienstag wurde jedoch bekannt, dass sich Sontowski aus dem Projekt wieder herausgezogen hat. Man habe sich nicht über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Kooperation einigen können, sagen laut der Immobilien Zeitung Personen, die mit den Verhandlungen vertraut waren.

Baureferent sieht Gesamtprojekt nicht infrage gestellt
Gemeinsam mit der Erlanger Firma ist wohl auch der vorgesehene Ankermieter, das Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK, ausgestiegen, wie die Nürnberger Zeitung berichtete. GfK hatte mit dem Eintritt von Sontowski in das Projekt sein Interesse an einem Einzug in die Ex-Quelle-Immobilie bekundet. 2019 möchte die Firma ihre jetzigen Räumlichkeiten an drei verschiedenen Standorten im Stadtgebiet aufgeben. Ein Unternehmenssprecher sagte gegenüber dem Property Magazine, man sehe sich für seine 2.000 Mitarbeiter nun nach einer Lokalität «auf der grünen Wiese» um.

Wie es nun mit dem Quelle-Areal weitergeht, bleibt also ungewiss. Der kommunale Baureferent Danel Ulrich bekräftigte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, dass das Gesamtprojekt durch den Rückzug von Sontowski & Partner nicht infrage gestellt werde, schließlich müsste Sonae Sierra von sich aus ein vitales Interesse an einer baldigen Lösung haben. Laut Nürnberger Zeitung schätzen Branchenkenner die monatlichen Kosten für den Unterhalt der ungenutzten Immobilie auf bis zu 50.000 Euro. Bevor sich GfK als Mieter ins Gespräch brachte, hatte schon die Stadt Nürnberg Interesse daran bekundet, ihr Sozialrathaus und ein Berufsschulzentrum dort anzusiedeln. Außerdem war auch die Rede von einem Hotel.

Auf Anfrage des Senders teilte Sonae Sierra mit, dass man weiter mit potenziellen Partnern verhandle. Einzelheiten wollte es aber nicht preisgeben. Noch im Frühling hatten sich Gerüchte verdichtet, der portugiesische Konzern könnte das Quelle-Areal oder zumindest Teile davon wieder verkaufen. Das Unternehmen stritt dies ab. Doch solche Dementi haben nur eine geringe Halbwertszeit: Im Februar kam heraus, dass Sonae Sierra das Shoppingventer LOOP5 im hessischen Weiterstadt an eine Tochter der Deutschen Bank veräußert hatte. Ein Jahr zuvor hatte es die ihm nachgesagten Verkaufsabsichten noch weit von sich gewiesen.

Gemäß der Immobilien Zeitung musste Sonae Sierra im ersten Halbjahr 2016 einen Rückgang beim Umsatz und beim Nettogewinn hinnehmen. Ein Abstoßen der Quelle-Immobilie würde die Bilanz für das Gesamtjahr signifikant aufbessern. Wie wäre es, wenn die städtischen Repräsentanten  sich quasi präventiv mal wieder die Ideen des «Quellkollektivs» in Bewußtsein rufen würden?

Luftaufnahme des ehemaligen Quelle-Geländes im Nürnberger Stadtteil Eberhardshof (Bild: nicohofmann via Wikimedia Commons)

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