Sanierung von Berliner Architekturikone angekündigt

Neuer Anstrich für den «Bierpinsel»

Oliver Pohlisch
25. March 2016
Der «Bierpinsel» an der Schloßstraße - mit Graffiti, Foto: Muns via Wikimedia Commons

Eine Wiedereröffnung war allerdings schon in der Vergangenheit immer wieder angekündigt worden, ohne das tatsächlich etwas passierte. Doch Axel Bering, der Geschäftsführer der Schlossturm GmbH, der Eigentümerin des im Volksmund «Bierpinsel» genannten Gebäudes, versicherte Mitte dieser Woche gegenüber der Lokalpresse, dass es diesmal nicht bei Worten bleiben solle. Er teilte mit, dass sein Unternehmen einen Architekten damit beauftragt habe, die Sanierung und Wiederinbetriebnahme des Turms zu planen. Das solle «so schnell wie möglich» geschehen, bekräftigte er laut dem Berliner Tagesspiegel.

Seit einem Jahrzehnt sind die Pforten des «Bierpinsels» dicht. Zwischendurch wurde nur einmal kurz das Interesse der Öffentlichkeit auf ihn gelenkt: Als 2010 im Rahmen eines internationalen Streetart-Festivals Graffitikünstler die mit Kunststoff verkleidete Fassade besprühten. Eigentlich hätte ihr Werk nach einem Jahr wieder beseitigt werden sollen, doch ist es bis heute neben der außergewöhnlichen mehreckigen Form des 46 Meter hohen «Bierpinsels» ein Augenfang in der von Shopping Malls dominierten Schloßstraße im bürgerlichen Südwesten Berlins.

Ein seltenes Zeugnis der Pop-Art-Architektur
«Die Graffiti-Kunst kommt weg», stellte Axel Bering nun klar. Zwar sei noch nicht endgültig über die künftige Farbe des Turms entschieden, aber «er wird wahrscheinlich wieder rot», so Bering. Womit auch ein langwieriger Zwist mit der Architektin Ursulina Schüler-Witte sein Ende finden könnte. Sie und ihr 2011 verstorbener Mann, Ralf Schüler, hatten das «Turmrestaurant Steglitz», wie der «Bierpinsel» ursprünglich hieß, geplant, bevor sie mit ihrem Entwurf des Internationalen Congress Centrums (ICC) größere Bekanntheit erlangten. Das Paar hatte vehement gegen die Graffitis an der Außenhaut des Turms protestiert und mit einer Klage gedroht.

Das Bauwerk, das eigentlich an einen Baum erinnern soll, wird in Kürze 40 Jahre alt und ist eines der wenigen noch existierenden Zeugnisse der Pop-Art-Strömung innerhalb der bundesrepublikanischen Nachkriegsarchitektur. Schüler und Schüler-Witte hatten ihn als Hochbau in ihren Entwurf für einen Verkehrsknotenpunkt mit Schnellstraßenüberführung und U-Bahnhof unter der Schloßstraße integriert. Von Beginn an gab es Ärger um seine Finanzierung.

Nach der Eröffnung 1976 waren die Bars, Kneipen und Restaurants auf drei Etagen zunächst ein beliebter Anlaufpunkt für das Einkaufspublikum der Schloßstraße. Doch mit den Jahren wechselten die Pächter immer häufiger und blieb der Turm zeitweilig wegen anfallender Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten geschlossen. 2006 verwaiste der «Bierpinsel» endgültig, nachdem sich der damalige Betreiber aus dem Gaststättengewerbe zurückzog und den Turm verkaufte.

Fassadendetail - aufgenommen 2007, Foto: Axel Mauruszat via Wikimedia Commons

Neue Eigentümerin wurde 2008 die Schlossturm GmbH, eine Firma der Immobilienunternehmerin Tita Laternser. Die schloss mit dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf für das kommunale Grundstück, auf dem der «Bierpinsel» steht, einen Erbbaupachtvertrag ab. Dass Laternser nach dem StreetArt-Festival die Neueröffnung des Turms ständig verschieben musste, lag an Wasserrohrbrüchen im Winter 2009/10. Diese machten das Gebäude zum Gegenstand eines jahrelangen Streits zwischen der Eigentümerin und ihrer Versicherung.

Bering bestätigt, dass die Versicherung kürzlich einen Teil der strittigen Summe gezahlt habe, weshalb es jetzt einen neuen Anlauf für die Wiederbelebung des «Bierpinsels» geben könne. Der beauftragte Architekt soll sich vor allem um die Außenhaut und die technische Funktionsfähigkeit der Räume kümmern. Den künftigen Nutzern möchte man den Innenausbau selbst überlassen, so Bering gegenüber der Berliner Morgenpost. Man sei bereits mit mehreren Interessenten aus dem Gastronomiegewerbe im Gespräch.

Bering ist auch Geschäftsführer der Dauerausstellung «The Story of Berlin» im Charlottenburger Ku'damm-Karree. 2013 hatte er vorgeschlagen, mit der Schau in den Bierpinsel umzuziehen und zu diesem Zweck auch einen Neubau am Fuß des Turms zu errichten. Bei den zwei anderen Teilhabern der «Story of Berlin» stieß dieser Plan auf wenig Gegenliebe. Eine alternative kulturelle Nutzung des Gebäudes schließt Bering aus.

Skeptischer Bezirksbürgermeister
Dass jetzt etwas passiert, ist auch dem Druck von Seiten des Bezirks geschuldet. In der Vergangenheit hatte er bereits Mahnungen an die Eigentümerin verschickt und schon mit Vertragsstrafe gedroht. Zuletzt war der Schlossturm GmbH eine Frist bis Ende März gesetzt worden, um zu erklären, wie es mit dem «Bierpinsel» weitergehen soll, so CDU-Bürgermeister Norbert Kopp.

Dann wollen Bering und sein Architekt tatächlich auch mit dem Bezirksamt in Kontakt kommen. Um zum Beispiel über den «Vollwärmeschutz» zu sprechen, der nötig sein wird, um die Energiesparverordnung zu erfüllen. «Die Dämmung würde die Kubatur des Turms verändern», so Bering. Dafür sei eine baurechtliche Befreiung notwendig. Bürgermeister Kopp, der von den Plänen der Schlossturm GmbH bisher nur indirekt erfahren hat, bleibt jedoch skeptisch: «Ich glaube erst, dass es etwas wird, wenn ich es sehe».

«Bierpinsel» im Jahr 2008, Foto: Mutter Erde via Wikimedia Commons

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