Uecker-Anbau

Museumserweiterung in Schwerin eröffnet

Carsten Sauerbrei
4. July 2016
Großzügige Ein- und Durchblicke kennzeichnen die Museumserweiterung (Bild: Michael Setzpfandt/Staatliches Museum Schwerin)

Es scheint, der Frühsommer ist eine gute Zeit, um Museumserweiterungen zu feiern. In den Eröffnungsreigen von London mit der Tate Modern, Basel mit dem Kunstmuseum und Weil am Rhein mit dem Vitra-Campus reiht sich nun auch die Schweriner Galerie Alte & Neue Meister mit ihrem Neubau ein, der mit seinen insgesamt 1400 Quadratmeter Nutzfläche, davon 800 qm für Ausstellungen die verfügbare Fläche nahezu verdoppelt. Dessen Eröffnung ist für Mecklenburg-Vorpommern mit der Landeshauptstadt Schwerin ähnlich bedeutend wie die anderen, international weitaus prominenteren Einweihungen.

Bisher musste sich die Schweriner Galerie Alte & Neue Meister mit beengten Ausstellungsflächen in der 1882 eröffneten Staatsgalerie begnügen, die Teil des sogenannten Residenzensembles aus Schweriner Schloss, Staatstheater, Staatskanzlei und Altem Palais ist. Für das Ensemble wurde 2015 die Aufnahme in die UNESCO-Weltkulturerbeliste beantragt. Entsprechend zurückhaltend sollte sich der Erweiterungsbau in den Bestand einordnen. Der von einer Arbeitsgemeinschaft der beiden Berliner Büros Scheidt Kasprusch Architekten BDA und Reiner Becker Architekten BDA realisierte, zweigeschossige Baukörper schließt wie ein vierter vierter Flügel den Innenhof des Altbaus ab und schafft damit ein Gegengewicht zur Fassade des historischen Galeriegebäudes. Darüber hinaus sollte der Neubau zwischen dem Altbau und den angrenzenden Villen, der Weißen Villa und dem Direktorenhaus vermitteln, indem er sowohl die Sockelhöhe des Altbaus wie auch die Traufhöhen der Villen in seiner Gestaltung aufnimmt. Letzteres ist klar erkennbar – die Höhe des neuen Baukörpers entspricht der Traufhöhe der Villen. Die Beziehung zum alten Galeriegebäude wird, sofern man es nicht weiß, erst auf den zweiten Blick sichtbar: Die Betonwände des Neubaus wechseln in Sockelhöhe des Altbaus ihre Struktur von einer geschliffenen Oberfläche zu einer gestockten. Klarer als die Bezüge zum Altbau, die sich auch im sandfarbenen Farbton des Neubaus widerspiegeln, zeigen sich die Kontraste zu diesem. Anstelle der kleinteilig gegliederten, mit Reliefs und Putzbändern verzierten historischen Fassade prägen vor Ort gegossene, fugenlose Sichtbetonwände und großzügige, gebäudehohe Verglasungen an den Eingängen und im Foyer den Neubau. Eine Glasbrücke verbindet beide Teile des Museums, in denen zukünftig sowohl die niederländische Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts als auch Werke der Moderne, darunter die deutschlandweit größte Sammlung von Werken Marcel Duchamps, und vor allem die Werke des in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsenen Künstlers Günther Uecker Platz finden werden.

Für ihn ist das gesamte Obergeschoss der wohltuend klar gestalteten, neuen Ausstellungsebenen reserviert, die wenig überraschend mit ihren weißen Wänden und der transluzenten Lichtdecke sowohl den klasssischen »White Cube« als auch die Oberlichter historischer Ausstellungssäle zitieren. Eigene, wohltuende Gestaltungsakzente setzen die Architekten mit den dunklen Holzfußböden aus Räuchereiche und dem zweigeschossigen Foyer inklusive reizvollen Ein- und Ausblicken. Kein Wunder, dass sich Museumsdirektor Dirk Blübaum im Interview mit dem NDR, sehr freut, dass nach ersten Planungen in den 1970er-Jahren nun endlich, in nur 21 Monaten der Neubau errichtet werden konnte.

Sichtbetonwände mit geschliffener bzw. gestockter Oberfläche prägen den Erweiterungsbau (Bild: Rainer Gollmer, Berlin)
Werke Günther Ueckers im Obergeschoss der Museumserweiterung (Bild: M. Burkhardt/Staatliches Museum Schwerin)

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