Mit Baukultur zum Bürgerengagement

Gesa Loschwitz
9. December 2016
Die meisten Menschen möchten nicht in Großstädten wohnen (Bild: Stiftung Baukultur)

«Das 21. Jahrhundert gilt schon heute als das Jahrhundert der Städte und das der weltweit größten Wanderungsbewegung, nämlich der Umzug vom Land in die Stadt.» So beginnt der Baukulturbericht und wiederholt damit scheinbar die Fakten, mit der seit einigen Jahren gefühlt jeder Artikel über Stadtentwicklung beginnt. Das Stadtwachstum hat das Schrumpfen der Städte abgelöst, das Anfang der 2000er-Jahre die Diskussion und die Forschung bestimmte. Doch der Bericht relativiert gleich zu Beginn. Weder das eine noch das andere Extrem trifft auf Deutschland zu: «Tatsächlich ist durch eine insgesamt hohe Bevölkerungsdichte und ein engmaschiges Infrastrukturnetz in Deutschland und Mitteleuropa eher das Thema unterschiedlicher urbaner Dichten Realität als der Kontrast von Metropole und Natur.» Daher geht es in dem aktuellen Baukulturbericht um das Verhältnis von Stadt und Land, von Groß- und Kleinstädten, um ein gesundes Gleichgewicht – und um ein ausgewogenes Miteinander.

Strategien für Gemeinden und Kleinstädte (Bild: Stiftung Baukultur)

Die Stiftung Baukultur hat untersucht, was es benötigt, um vitale Gemeinden zu entwicklen und damit mehr Lebensqualität auf dem Land zu schaffen. Zum Zweiten geht darum, welches Potenzial in der sich wandelnden Kulturlandschaft liegt; drittens um die Planungskultur. Die Beispielprojekte, die die Arbeit der Stiftung unterfüttern, machen klar: All das geht nicht ohne engagierte Bürger. Zum Beispiel in Blaibach im Bayerischen Wald, wo der Architekt Peter Haimerl gemeinsam mit den Bewohnern die Idee eines Konzerthauses im Ortszentrum entwickelte und realisierte. Für die Belebung von Zentren durch Kulturbauten finden sich einige Beispiele im Bericht. Allerdings betont er auch: «Eine Herausforderung besteht darin, auch die Qualität von Alltagsbauten zu steigern und Supermärkte, Landwirtschaftsbetriebe oder Gewerbe gestalterisch zu qualifizieren.» Das gleiche gilt für den Bereich Landschaft. Auch hier gibt es Leuchtturmprojekte, wie Parks auf ehemaligen Halden. Aber es geht natürlich auch um Stromtrassen und Brücken in der Landschaft, all die Alltags-Infrastruktur, die die Landschaft wesentlich stärker prägen als einzelne Vorzeigeprojekte.

Zukunftsaufgabe Landschaftswandel (Bild: Stiftung Baukultur)

Das Fazit der Stiftung Baukultur: Oft geht es in einem ersten Schritt darum, das Gemeinschaftsleben in Gemeinden, Klein- und Mittelstädten wiederzubeleben, um eine zukunftsgerichtete Planungskultur überhaupt erst möglich zu machen. Eine immense Herausforderung, sowohl in den schrumpfenden wie auch in den wachsenden Regionen. Während es in den einen oft an Menschen fehlt, haben in den anderen die zugezogenen Bewohner der immer noch aus dem Boden schießenden Einfamilienhaus-Siedlungen rund um die Großstädte einen anderen Mittelpunkt als den Wohnort: den Arbeitsplatz in der Stadt. Es geht also nach wie vor darum, die Menschen in die Städte und Gemeinden zu holen – auch im wahrsten Sinne des Wortes durch Innenentwicklung, um den Donut-Effekt eines dichten Randes und einer leeren Mitte zu vermeiden.

Vitale Gemeinde: Innenentwicklung statt Donut-Effekt (Bild: Stiftung Baukultur)

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