Grünes Netzwerk

Gesa Loschwitz
31. October 2016
Je dichter Städte werden, desto wichtiger sind kurze Wege zu Naherholungsflächen wie Selbstanbaugärten. (Bild: Rehwaldt Landschaftsarchitekten)

Grüne Infrastruktur – hinter diesem sehr abstrakten Begriff verbirgt sich eine Strategie: Netzwerke von Freiflächen sollen in städtischen und ländlichen Gebieten so gestaltet und gemanagt werden, dass sie vielfältige Ökosystemleistungen für den Menschen bereitstellen. Das kann sich auf den Erhalt eines Biotops genauso beziehen wie auf eine Naherholungsfläche. Die Europäische Kommission hat sich 2013 das Ziel gesetzt, Grüne Infrastruktur-Ansätze in Planung und Politik zu verankern. Seit 2014 beschäftigt sich auch die deutsche Politik mit dem Thema. Auf der Tagung Kick-Off Grüne Infrastruktur am 13. Oktober in Essen hat sich jetzt auch der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) mit einer entsprechenden Agenda positioniert. Der Berufsverband reagiert mit dieser Agenda auf Herausforderungen für den urbanen und den ländlichen Raum, wie Till Rehwaldt, Präsident des bdla, erläuterte: zum Beispiel den Klimawandel, die Verdichtung der Städte und den Rückgang der Artenvielfalt. Das erfordert neue Strategien, in denen Stadtplanung, Infrastrukturplanung und Freiraumplanung ineinandergreifen.

Städte wie Rotterdam, die aufgrund ihrer Lage an der Küste bereits jetzt die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen, haben hier schon erste Schritte gemacht. Zum Beispiel gibt es in Rotterdam den Waterplein (Wasserplatz) Benthemplein, entworfen von De Urbanisten. Der Platz ist nicht mehr «nur» ein Platz, auf dessen Treppenstufen Besucher sitzen oder auf dem sie skaten. Sondern bei Starkregen laufen seine Vertiefungen temporär mit Wasser voll und dienen somit als Regenrückhaltebecken.

Der Landschaftsarchitekt Leor Lovinger aus Tel Aviv plant dort einen Küstenpark, der Naherholung und Klimaschutz vereint. (Bild: Leor Lovinger)

«Herausforderung führt zu Innovation» betonte Leor Lovinger, Landschaftsarchitekt aus Tel Aviv sowie Leiter des Green Infrastructure Projekts von IFLA (International Federation of Landscape Architects) Europe und Mitglied in den Arbeitsgruppen der EU zu Green Infrastructure. In Deutschland steckt die Strategie in den Kinderschuhen, noch wird vor allem auf politischer Ebene diskutiert. Der bdla fordert daher, eine nationale Strategie zur Grünen Infrastruktur zu etablieren und die Grüne Infrastruktur als gesellschaftliche Pflichtaufgabe zu definieren. Zu seinen Forderungen gehört auch, ein Investitionsprogramm Grüne Infrastruktur zu entwickeln. Damit bekäme der Freiraum im wahrsten Sinne des Wortes einen neuen Wert in der Stadtplanung. Bereits auf der Tagung wurde deutlich, dass das durchaus zu Verteilungskämpfen führen könnte. Hilmar von Lojewski, Stadtplaner und Leiter des Dezernats Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr beim Deutschen Städtetag nutzte seinen Vortrag, um zu betonen, man solle nicht immer neue Forderungen stellen, sondern die Strategie über das Konzept der integrierten Stadtentwicklung und die Städtebauförderung umsetzen. Also wie gehabt unter der Obhut der Stadtplaner.

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