Gläserne Bildungsstätte

Carsten Sauerbrei
24. October 2017
Die Glasfassade der Akademie stellt über ihre Ornamentik und den Abschluss als Satteldach die Verbindung zu den Nachbargebäuden her. (Bild: Christoph Kraneburg)

Besucht man das Zentrum Frankfurt am Mains lassen sich zur Zeit drei sehr unterschiedliche Konzepte für den architektonischen Umgang mit der lokalen städtischen Baugeschichte besichtigen. Da findet sich einerseits der Abriss von Nachkriegsarchitektur und die anschließende Rekonstruktion der Vergangenheit, wie zum Beispiel bei dem sogenannten «DomRömer-Quartier», oder aber der nach dem Abriss errichtete, auf der lokalen Bautradition fußende und dennoch zeitgenössische Neubau wie beim jüngst eröffneten «Historischen Museum». Der dritten Möglichkeit mit dem Vorhandenen umzugehen, nämlich der Um- und Weiterbau in zeitgenössischer Formensprache, bedienten sich die Architekten des Frankfurter Büros Meixner Schlüter Wendt beim Umbau eines Gemeidehauses der 1950er-Jahre zur modernen Bildungsstätte.

Ruhig und klar strukturiert erscheinen die überwiegend im Schwarz-Weiß-Kontrast gestalteten Innenräume. (Bild: Christoph Kraneburg)

Die Architekten standen dabei vor der Aufgabe, das Ende der Fünfziger Jahre erbaute und am Ende wenig genutzte Gemeindehaus der Paulusgemeinde für die neue Funktion als Bildungsstätte zu modernisieren und zu erweitern. Das schlichte Brückengebäude mit dem zeittypischen Luftgeschoss über der Alten Mainzer Gasse stockten sie im Mittelteil um ein Geschoss mit einem zusätzlichen Saal auf und führten dabei die bestehende Tragwerksstruktur fort. Den neuen Saal erreichen die Nutzer über eine Erweiterung der vorhandenen, seitlich angrenzenden Treppenräume. Mit einer elegant-sachlichen, jedoch keineswegs kühlen Innengestaltung verstärken die Architekten die klare, ruhige Wirkung der Innenräume und beziehen dabei auch die sichtbaren Tragelemente aus Beton ein.

Ein neuer Saal befindet sich unter dem steilen Satteldach des um ein Geschoss aufgestockten Mittelteils des Bestandsgebäudes. (Bild: Christoph Kraneburg)

Eine neue, dezidiert zeitgenössische, gläserne Hülle bedeckt den kompletten Mittelteil, der mit der Dachform, einem steilen Satteldach, und der bedruckten Fassade aber auch an die Formensprache der Umgebung anknüpft. Die auf die Glasflächen aufgebrachten Muster, die die Ornamentik der angrenzenden 50er-Jahre Bebauung aufgreifen, aber auch Anleihen bei den benachbarten historischen Fachwerkstrukturen nehmen, stellen tatsächlich diese Verbindung her und gliedern das gläserne Äußere so, dass ein Haus und nicht nur ein Baukörper entsteht. Die Architektur der Evangelische Akademie mit ihrer Überlagerung der verschiedenen konstruktiven, funktionalen und gestalterischen Bezüge zur Umgebung, aus der eine reizvolle inhaltliche und formale Vielschichtigkeit entsteht, ist ein schlagendes Argument gegen oberflächliche und rückwärtsgewandte Rekonstruktionen in Frankfurt und andernorts.

Tragwerk, gläserne Hülle und die von den Nachbargebäuden inspirierte Ornamentik ergeben ein reizvoll vielschichtiges Fassadenbild. (Bild: Meixner Schlüter Wendt Architekten)

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