Abgebrannter Golden Pudel Club in Hamburg

Ein Mini-Pudel als «Drohkulisse»

Oliver Pohlisch
31. March 2016
Grafik: Park Fiction

Das «Park Fiction-Projekt» möchte das Provisorium auf der Treppe oberhalb des Originals an der Hafenstraße in St. Pauli errichten. Der Club, eine weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Institution der Hamburger Musikszene, war in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar ein Opfer von Brandstiftung geworden. Seitdem wird um seinen Wiederaufbau gerungen. German-architects.com hatte darüber berichtet.

Im Pudel en miniature soll das «Park Fiction»-Archiv, das sich im Obergeschoss des Golden Pudel Club befand und von den Flammen in Mitleidenschaft gezogen wurde, vorübergehend unterkommen. Es dokumentiert die Auseinandersetzung zwischen Stadtaktivisten und Behörden um das Gelände oberhalb vom St. Pauli Fischmarkt, auf dem sich auch der Club befindet. Anfang der Neunzigerjahre sollte dort ein Bürokomplex hochgezogen werden. Nach heftigem politischen Widerstand entstand stattdessen ein partizipativ geplanter kleiner Park.

«Der Park ohne Pudel ist wie Versailles ohne Schloß», erklärt das «Park Fiction»-Projekt und will die kleine Ausgabe des Clubhauses nicht nur als «Lustpavillon für kulturelle Bespielung» verstehen, sondern auch als «Drohkulisse», wie es auf seiner Facebook-Seite heißt. Möglichen Kaufinteressenten soll damit klar gemacht werden, dass an eine kommerzielle Verwertung des Pudel-Grundstücks nicht zu denken sei.

Denn eigentlich sollte das stark beschädigte Gebäude am 20. April teilversteigert werden. Doch der Termin wurde inzwischen abgesagt. Die Gutachter müssten zunächst eine Neubewertung der Immobilie vornehmen, so die Golden-Pudel-Club-Betreiber.

Seit langem liegen die beiden Eigentümer der Liegenschaft, Wolf Richter und der Musiker und Autor Rocko Schamoni, im Streit miteinander. Richter hatte die Versteigerung beantragt. Ursprünglich war der Verkehrswert auf 510.000 Euro festgesetzt worden, das Mindestangebot lag bei 255.000 Euro. Das könnte jetzt aber deutlich niedriger ausfallen.

Vorwurf der Verzögerung
Schamoni und mit ihm auch das Betreiberkollektiv des Golden Pudel Club im Erdgeschoss des Gebäudes werfen Richter, der das obere Stockwerk bewirtschaftet hatte, vor, die Wiederherstellung der Lokalität zu verhindern. Zwar hätten beide Seiten im Beisein von Versicherungsvertretern und Bausachverständigen darin übereingestimmt, Dach und Obergeschoss abzutragen und das Parterre mit einem Flachdach wetterfest zu machen. Doch Richter habe, so Schamoni und die Pudel-Betreiber, nach Eingang der Kostenvoranschläge zunächst die Vergabe des Bauauftrags verzögert, dann versucht, den bestehenden Mietvertrag mit dem Golden Pudel Club, der bis 2029 läuft, für rechtsungültig zu erklären und schließlich angekündigt, weitere Maßnahmen durch eine ihm bekannte Baufirma unter seiner Aufsicht vorzunehmen.

Der Club hat vorerst den Betrieb eingestellt, da auch seine Räume einer kompletten Brandsanierung unterzogen werden müssen. Das kann aber nicht geschehen, solange der Teilabriss nicht startet. Das Betreiberkollektiv fürchtet nun, dass mit jedem Tag, an dem der Club dicht bleibt, die eigene finanzielle Belastung steigt. Zusammen mit Schamoni will es sich notfalls mit juristischen Mitteln gegen das Vorgehen Richters wehren und favorisiert den Plan, das Gebäude nach seinem Wiederaufbau in den Besitz einer Stiftung zu überführen, um es auf Dauer der Spekulation zu entziehen.

Dieser Tage zeigt sich der Unmut über die anhaltende Gentrifizierung in Hamburgs Szenequartieren besonders deutlich. Am Monatsende war den Mietern des Schanzenhofes, einem Stadtteilzentrum im Schanzenviertel, gekündigt worden. 2013 hatten Maximilian und Moritz Schommartz, die Chefs der HWS Immobilien GmbH, die Immobilie für 8,5 Millionen gekauft. Die bisherigen Nutzer, ein Alternativ-Hotel und Bio-Restaurant, eine Drogenhilfeeinrichtung, eine Kulturetage mit Ateliers und Proberäumen für Künstler und Musiker sowie ein Sportstudio, weigerten sich in der Folge, die von den Schommartz-Brüdern vorgenommenen Mieterhöhungen von teilweise bis zu 65 Prozent zu akzeptieren. Am Rande des Schanzenfests am Osterwochenende, das für den Erhalt des Stadtteilzentrums ausgerichtet wurde, kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Und die Übergabe der Mieterschlüssel an die Vertreter der Investoren am Donnerstag wurde kurzzeitig durch eine Besetzung verzögert.

Im Fall des Golden-Pudel-Club-Grundstücks wird in der lokalen Presse vermutet, dass Wolf Richter anstrebt, alleiniger Eigentümer zu werden. Ein Unbekannter hat unterdessen eine Belohnung von 7500 Euro für Hinweise auf die Brandstifter ausgesetzt. Und das «Park Fiction»-Projekt startete einen Spendenaufruf, um so die geschätzten 5.000 Materialkosten für den Mini-Golden-Pudel-Club zusammenzubekommen.

Das durch den Brand geschädigte Dach und Obergeschoss des Golden Pudel Club, Foto: Hinnerk11 via Wikimedia Commons

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