Pariser Olympia-Pläne mit Zugabe

2024 – Baden in der Seine?

Oliver Pohlisch
13. May 2016
Noch ist Schwimmern hier nicht ratsam - Paris-Plages am Seine-Ufer (Bild: Peter Haas via Wikimedia Commons)

Schon 1988 hatte das damalige Pariser Stadtoberhaupt Jacques Chirac versprochen, dass man innerhalb der nächsten fünf Jahre in dem Fluss baden könne. «Und ich bin der Erste, der dies vor Zeugen tun wird», verlautbarte er. Bekanntlich blieb er selbst während seiner Präsidentschaft im Trockenen.

Fast 30 Jahre später bewirbt sich Paris in Konkurrenz mit Los Angeles, Rom und Budapest um die Sommerspiele 2024. Und um die eigene Bewerbung aufzupeppen und auch der Bevölkerung schmackhaft zu machen, will das derzeitige Stadtoberhaupt Anne Hidalgo jetzt endlich klares Wasser schaffen. In ihm könnte dann zum Beispiel auch das olympische Triathlon-Schwimmen oder die 10-Kilometer-Langstrecke absolviert werden.

Insgesamt 43 Maßnahmen umfasst der «olympische Aktionsplan», den Hidalgo laut der Tageszeitung Libération für die Zeit bis 2024 aufgestellt hat. Begründet wird er von der Bürgermeisterin damit, dass die zu erwartende Dynamik der Kandidatur für alle Pariserinnen und Pariser von Nutzen sein soll. Zu den Maßnahmen gehören zum Beispiel der Bau einer Straßenbahn durch die Stadt in Ost-West-Richtung, Extra-Radwege zu den am Stadtrand gelegenen Sportarenen und ein Wanderweg, der die Stadt ähnlich wie der Boulevard Phériphérique umschließt.

Die Absicht, die Seine badetauglich zu machen, hat jedoch bei weitem das größte Medeinecho erfahren. Ginge es nach der vorgestellten Planung, könnte zudem schon 2017 das Bassin de la Villette, durch den der Canal Saint Martin fließt, zum Riesenplanschbecken werden.
 

Bassin de la Vilette (Bild: Jmpoirier1, via Wikimedia Commons)

Das Schwimmen in der Seine gilt aufgrund der hohen bakteriellen Belastung als gesundheitsgefährdend. Seit 1923 ist es gemäß eines präfektoralen Erlasses sogar verboten, obgleich die Bestrafung mit 15 Euro pro Sprung in den Fluss eher als symbolisch zu werten ist, wie ein Autor der Online-Plattform Citylab lakonisch anmerkt. Tatsächlich wagen sich immer wieder Menschen in die Pariser Wasserläufe. Große Popularität genießt darüberhinaus das seit 2002 von der Stadt veranstaltete Spektakel Paris-Plages, das Abschnitte des Seine-Ufers jeden Sommer in einen urbanen Sandstrand verwandelt, samt Palmen, Beachvolleyballfeldern und Badebecken.

Paris ist nicht die einzige europäische Großstadt, die den Fluss durch ihre Mitte in ein Badeparadies verwandeln möchte. 2012 gründete sich in Berlin ein Verein, der die Absicht verfolgt, die Spree an der Museumsinsel schwimmbar zu machen - mittels der Reinigung des Wassers durch ein Schilfbett. Londons Themse wird zwar auch in Zukunft nicht zu einem gigantischen Lido, doch in Tanks und durch Wasserpflanzenbeete gefiltertes Flusswasser soll nach dem Willen der «Thames Baths»-Initiative in auf dem Strom schwimmende Becken gelassen werden. Auf Kickstarter fand eine Crowdfunding-Kampagne statt, bei der fast 180.000 Pfund für die Vorplanung eingesammelt werden konnten.

Andernorts ist eine Runde Kraulen im offenen Gewässer mitten in der Großstadt längst schon Normalität. Die Limmat durch Zürich ähnelt an manchen Sommertagen einem Schwimmer-Highway und auch in Kopenhagens Hafen gibt es mehrere Badestellen. Die Stadt hat dafür insgesamt 440 Millionen Pfund in die Hand genommen, um Abwässerkanale umzuleiten und ein Warnsystem zu installieren, das Verschmutzungen anzeigt.

Das Kopenhagener Beispiel lässt erahnen, wie hoch der finanzielle Aufwand für die Seine-Reinigung werden könnte. Vorrichtungen müssen geschaffen werden, um eine Überflutung der Kanalisation nach Unwettern zu verhindern, die illegale Abfallentsorgung vom Ufer und von den Schiffen aus muss bekämpft werden. Und es gilt, den Güllefluss aus der Landwirtschaft stromaufwärts abzustellen. Letzteres bedarf Anstrengungen auf regionaler oder gar nationaler Ebene. Und Hidalgo liegt mit ihrer Annahme wohl nicht ganz falsch, dass erst eine Ausrichtung Olympischer Spiele die Mobilisierung der entscheidenden Akteure in Gang zu setzen vermag. Das Scheitern der Pariser Kandidatur würde daher die Aussicht auf eine saubere Seine letztlich wieder trüben.

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