Entwicklung Mitte Altona - Wohnungsbau für Baugemeinschaften

Formaler Ruhepol

Peter Petz
31. August 2016
Wohnungsbau für Baugemeinschaften im Quartier Süd Baublock Ib.03, Baufeld 1

Peter Petz: In zentraler Lage sollen in einem ersten Entwicklungsabschnitt die Flächen des ehemaligen Güterbahnhofs Hamburg Altona überplant werden. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden?
Stephen Kausch: Altona gilt als eines der bevorzugten Wohnviertel in Hamburg. Die zahlreichen kulturellen Angebote, die verkehrsgünstige Lage und die Nähe zur Elbe und zum Zentrum machen Altona attraktiv. Mitten in diesem Viertel entsteht die Neue Mitte Altona. Die städtebauliche Grundlage für die Planung legt der Masterplan des Büro André Poitiers und arbos Landschaftsarchitekten. Die Strukturen und Qualitäten der umliegenden gründerzeitlichen Nachbarquartiere werden bewusst aufgenommen und fortgeschrieben im neu zu planenden Quartier. Unser Baublock erfüllt eine tragende Rolle in der Mitte Altona. Die Lage am öffentlichen Park und die Nähe zu Kindergarten und Stadtteilschule schaffen Wohnqualitäten und Spannungsfelder zugleich. In diesem Kontext war es uns wichtig ein Gebäudekonzept zu entwickeln, dass durch eine differenzierte Gliederung des Baukörpers die Identität der umliegenden Quartiere fortschreibt und sich harmonisch in das Umfeld einfügt ohne mit den benachbarten Gebäuden zu konkurrieren. 

Wie waren die Schnittstellen der Baufelder des zu bearbeitenden Blocks definiert? 
Der Baublock ist in vier Baufelder aufgeteilt. Für jedes Baufeld wurde ein anderer Architekt beauftragt. Tiefgarage und Innenhof werden gemeinschaftlich genutzt, bis auf die privaten Terrassenflächen hofseitig. Sowohl der Hof als auch Tiefgarage waren nicht Gegenstand des Wettbewerbs. Der im Erdgeschoss geplante Fahrradladen «Alsterspeiche» ist öffentlich zugänglich vom Quartier aus. 

Lageplan

Wie strukturieren Sie den Baukörper?
In Anlehnung an die Gründerzeitlichen Quartiere in der Umgebung wurde von uns ein Gebäudekonzept gewählt, dass durch eine differenzierte Gliederung des Baukörpers die Identität der umliegenden Quartiere fortschreibt. Gezielt gewählte feine Akzentuierungen betonen den ansonsten klar proportionierten und ruhig gestalteten Baukörper, der sich in das städtebauliche Umfeld und zu den angrenzenden Bereichen angemessen und zurückhaltend einfügt. So setzt sich der siebengeschossige Baukörper zum westlichen Nachbarn hin über eine zweigeschossige Rückstaffelung ab. Der Gebäudeabschluss nach Osten wird durch eine differenzierte Drehung thematisiert: In den oberen Geschossen richtet sich der Winkel zur Sonne. Im Erdgeschoss ergibt sich durch eine leichte Abwinkelung eine schützende Vordachsituation und eine Betonung des Eingangsbereiches für die «Alsterspeiche».

Welchen Wohnungsmix schlagen Sie vor?
Geplant sind vier verschiedene Wohnungsgrößen, die zwischen 55 qm und 109 qm liegen. Zudem sind diverse Gemeinschaftsflächen wie zum Beispiel Gemeinschaftraum, Dachterrasse und Gästezimmer geplant. Im Erdgeschoss befinden sich ein Fahrradladen mit angrenzender Werkstatt und ein Tonstudio. 

Flächenaufteilung

Welche Standards sind für die Wohnungen vorgesehen?
Die Planung der Wohnungen basiert auf den Flächenvorgaben des geförderten Wohnungsbaus. Sämtliche Wohnungen und Zugänge sind barrierefrei gestaltet. Die Grundrisstypologien wurden entsprechend der Lage im Planungsgebiet und unter Berücksichtigung der Belichtungsverhältnisse entwickelt. Jeder Wohnung ist mindestens ein Freisitz mit Ost oder Süd Ausrichtung zugeordnet. Einzelbalkone an der Nordfassade geben den Blick auf den Park frei. Große Wohnküchen bilden das Herz jeder Wohneinheit.

Grundrisse 1. und 4. Obergeschoss

Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Die Grundlage unseres architektonischen Konzeptes bildet der Bezug zu den gestalterischen Motiven gründerzeitlicher Quartiere. Im Plangebiet treten bei den umliegenden Projekten als vorherrschendes Thema Klinkerlochfassaden in unterschiedlichster Fenstergliederung und Farbe in Erscheinung. Wir gliedern uns mit unserer Fassadengestaltung zum einen in dieses Prinzip ein. Zum anderen erzeugen wir mit einer zurückhaltenden und ruhigen Gestaltung der Fensterformate als strenges Raster und einer farbneutralen Klinkeroberfläche einen formalen Ruhepol. Hochwertige Oberflächen und gut proportionierte Gestaltungselemente unterstreichen das Prinzip eines gewissen Understatements in der Gestaltung. Das Erscheinungsbild des Erdgeschosses ist geprägt durch eine offene Gestaltung, die den gewünschten Übergang zum öffentlichen Raum schafft. Dadurch, dass hier ausschließlich gemeinschaftliche Funktionen vorgesehen sind können großzügige Verglasungen zum Park hin realisiert werden.

Ansicht Nord
Ansicht Ost
Schnittansicht Süd

Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Das äußere Erscheinungsbild ist geprägt von einer streng angeordneten Lochfassade mit differenzierten Klinkerflächen, die ein ruhiges und harmonisches Erscheinungsbild mit hohem Wiedererkennungswert schaffen. Geplant ist straßenseitig eine Klinkeroberfläche mit einer strukturierten Textur in den oberen Geschossen, die eine facettenreiche, changierende, tiefenwirksame Oberfläche erzeugt. Die Fensteröffnungen der straßenseitig orientierten Fassadenanteile erhalten neben der Klinkeroberfläche faschenförmige Rahmungen aus Betonfertigteilen. Die bodentiefen Fensterelemente werden als Holz- Alufenster, alternativ als metallisch foliierte Kunststofffenster realisiert. Die Absturzsicherungen werden als Metallstaketengeländer vorgesehen. Im Innenhof kommt eine wirtschaftlich attraktive Putzfassade zum Einsatz.

Detail

Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Ja. Die geplante Fertigstellung ist Ende 2019.

Entwicklung Mitte Altona - Wohnungsbau für Baugemeinschaften im Quartier Süd Baublock Ib.03, Baufeld 1
Workshopverfahren mit hochbaulicher Vertiefung

Auslober/Bauherr
Johann Daniel Lawaetz-Stiftung, Hamburg | Baugemeinschaft „Gleis 4a“, Hamburg | Wohnungsbaugenossenschaft Kaifu-Nordland eG, Hamburg | Baugemeinschaft «Mit MEKÂN gemeinsam älter werden», Hamburg | Altonaer Spar- und Bauverein e.G., Hamburg | Baugemeinschaft MadSeT, Hamburg | Wohnprojekt BliSS e.V., Hamburg | Baugenossenschaft Hamburger Wohnen eG, Hamburg | Baugemeinschaft Stadtdorf, Hamburg | AltoJa, Hamburg

Betreuer
claussen-seggelke stadtplaner, Hamburg

Jury
Johannes Gerdelmann | Prof. Jörn Walter | Stefan Waselowsky

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