Nutzvieh im Glück
Katinka Corts
15. März 2017
1. Preis in der Kategorie Hühnerstall (Entwurf/Bilder: Iris Sitbon)
Eine Kuh auf der saftig grünen Bergwiese, ein Schwein in der Schlammsuhle und ein scharrendes Huhn auf dem Bauernhof – das idealisierte Bild vom Leben der Tiere hat kaum etwas mit der heutigen Realität in der Tierhaltung gemein. In einem Ideenwettbewerb suchten Studierende nun nach dem goldenen Mittelweg.
Damit Schwein, Kuh und Huhn – bis zu ihrer Schlachtung – ein glücklicheres Leben im Stall haben, brauchen wir neue Formen der Nutztierhaltung. Zwar kommen wir angesichts des immer noch exorbitanten Fleischkonsums in Deutschland nicht ohne die Massentierhaltung aus, neue Stallsysteme könnten aber den Stress der Tiere vermindern. In einem Wettbewerb, den das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) vergangenes Jahr auslobte, wurde nach neuen Ansätzen gefragt. Vier Architektur-Hochschulen nahmen mit rund 100 Studierenden daran teil und lieferten Antworten.
1. Preis in der Kategorie Schweinestall (Entwurf/Bild: Jörn Friedrich Hilker)
1.Preis in der Kategorie Kuhstall (Entwurf/Bild: Kerstin Buecker, Bianka Golla)
Im Wettbewerb sollten Ställe für Milchkühe, Mastschweine und Legehennen entworfen werden, jeweils mit Innen- und Außenbereichen. Die Besonderheit: Die zukunftsfähige Tierhaltung soll nicht mehr abseits der Augen der Konsumenten stattfinden, sondern präsentiert werden. So war auch konkret die «Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit» gefordert, die realistische Einblicke in die moderne Nutztierhaltung, beispielsweise in Besucherbereichen, ermöglicht. «Wir wollten junge Menschen mit fachlichem Hintergrund und einem hohen Maß an Offenheit und Unvoreingenommenheit in das Projekt einbinden», erläutert Barbara Meyer, die sich innerhalb des KTBL mit Tierhaltung, Standortentwicklung und Immissionsschutz beschäftigt. Teilgenommen haben die Architekturfakultäten der TU Braunschweig (Prof. Almut Grüntuch-Ernst), der TU Kaiserslautern (Prof. Dirk Bayer und Prof. Stefan Birk), der TU München (Prof. Florian Nagler) und der Bauhaus-Universität Weimar (Prof. Rainer Gumpp).
«Das Thema ist natürlich keine klassische Entwurfsaufgabe für einen Entwurfslehrstuhl», so André Schmidt vom Institut für Entwerfen und Gebäudelehre in Braunschweig. Trotzdem fand man das Thema sehr interessant, da es auch in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wird. Schmidt weiter: «Zur Aufgabe von Architekten gehört neben der Gestaltfindung auch die kritisch-programmatische Herangehensweise an eine Planungsaufgabe. Wir haben uns mit den Studierenden daher erst in einem Workshop mit der Mensch-Tier-Beziehung beschäftigt, um anschließend über detaillierte Analysen des Tierwohls und der Bedingungen für artgerechte Haltung das Thema angehen zu können.»
Die Preisträger und ihre Arbeiten werden nächste Woche im Rahmen der KTBL-Tage «Zukunft der deutschen Nutztierhaltung» vorgestellt. Gleichzeitig gibt der Verein eine Broschüre zum Wettbewerb heraus, in der auch weitere, nicht prämierte Arbeiten vorgestellt werden. Eigentlich könne es dann erst so richtig mit dem Ideenaustausch losgehen, heißt es seitens der Auslober. Aus der Agrarbranche werde aber jetzt schon großes Interesse an den Ergebnissen signalisiert.
Weitere Preisträger