Eine Vorlesungsreihe mit Podiumsdiskussion an der TU München

Nachhaltige Bodennutzung

Jochen Paul
28. Juni 2017
Wüstenboden in Jordanien (Bild: bodensteinerfest)

Nachverdichtung, Funktionsmischung und die «Entschleunigung» der rasanten Kostenentwicklung hängen eng mit der effizienten Nutzung der begrenzt verfügbaren Ressource Boden zusammen. Der Anstieg der Bodenpreise und des Flächenverbrauchs waren seit den 1960er Jahren die wesentlichen Triebkräfte der «Stadtflucht», in Großstädten entfällt mittlerweile der Löwenanteil des Miet- bzw. Kaufpreises einer Immobilie auf den Bodenpreis. Damit ist er für die Bezahlbarkeit von Lebensraum der entscheidende Faktor.

Während Fritz Andres unter dem Tite «Wenn der Boden knapp wird …» über Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit der Bodenordnung referiert, und Prof. Dr. Dirk Löhr in seinem Vortrag über «Bodenunrecht und Besteuerung» die Zusammenhänge zwischen Immobilienpreisniveau, Abgabenbelastung, Eigentumsquote und Vermögensverteilung aus einer – in Deutschland weitgehend unbekannten – geoklassischen Perspektive der Ökonomie geschildert hatte, sprach der Berliner Theologe und Stadtplaner Dr. Dieter Hoffmann-Axthelm am 8. Juni über «Flächenkosten und lokale Selbstverwaltung».

Nach ein paar überraschend neoliberal anmutenden Statements wie «die Bodenpreise folgen schlicht und einfach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage: teuer, wo knapp und begehrt» – kam Hoffmann-Axthelm zum eigentlichen Thema seines Vortrags: der kommunalen Selbstfinanzierung und der Lokaldemokratie.

Um die Stadt finanziell unabhängig von Instrumenten wie dem Bund-Länder-Finanzausgleich zu machen, schlug er ein «Stadtentgelt» vor – das, weil es auf Steuerungstendenzen verzichte, auch nicht für sachfremde Themen wie Ökologie, soziale Mischung und ähnliches «missbraucht» werden könne. Verbunden damit sieht Hoffmann-Axthelm einen Paradigmenwechsel vom staatlichen Steuermodell zu einem Äquivalenzdenken. Grundgedanke des Äquivalenzprinzips ist es nach Hoffmann-Axthelm, die Stadtbürger dazu aufzurufen, zu entscheiden, was sie – nach dem Vorbild der Schweiz – auf lokaler Ebene finanzieren wollen und was nicht. Die Stadt selbst würde von der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben – auf die heute bis zu 95 Prozent der Verwaltungstätigkeit entfalle – entlastet.

Dazu würden die Kosten der Verwaltung auf die Flächennutzer umgelegt werden, und damit die Gelder in der Stadt verbleiben und die Bürger in den Prozess der «Verausgabung» einbezogen werden, müsse das «Stadtentgelt» von staatlichen Steuern abgekoppelt werden. Alles in allem, so Hoffmann-Axthelm, würde dieser Paradigmenwechsel das Bewusstsein dafür, dass Fläche kostbar ist, schärfen, zu einer Verdichtung und Neunutzung von vorhandener Fläche führen und das Verhältnis von Stadt und Umland auf eine neue Grundlage stellen: Das Zentrum, in dem Wohnungen ohne Gärten der vorherrschende Typus sind, subventioniert die Peripherie der Einfamilienhäuser mit Garten.

Bodenversiegelung durch Fahrbahn (Bild: bodensteinerfest)

Die weiteren Termine sind:
 
Donnerstag, 13. Juli 2017 um 18:30 Uhr
Prof. Dr. Fabian Thiel, Frankfurt/M.
Eigentum verpflichtet: nicht beim Boden?
Zur Konzeptionalisierung einer unterschlagenen Bestimmung in der Stadtplanung
 
Donnerstag, 20. Juli 2017 um 18:30 Uhr
Podiumsdiskussion: Stecken die Potenziale im Boden?
Prof. Dr. Alain Thierstein, TU München, Fakultät für Architektur
Christian Stupka, GIMA, München
Tim v. Winning, Baubürgermeister Stadt Ulm
Moderation: Dr. Thomas Welter, Bundesgeschäftsführer BDA, Berlin
 
Die Vorträge und die Podiumsdiskussion finden im Vorhölzer Forum der Fakultät für Architektur der TU München in der Arcisstraße 21, 80333 München, im 5.OG statt. Der Eintritt ist frei.

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