Langeweile statt Moderne

Carsten Sauerbrei
13. Juni 2017
Die funktional-sachlich gestaltete Sportschwimmhalle besitzt kaum Außenbezug. (Bild: Marcus Bredt)

Dem Bau des vor kurzem eröffneten, neuen Potsdamer Sport- und Freizeitbades «blu» ging eine quälend lange und wenig konstruktive Debatte voraus. Bereits 1996 fassten die Potsdamer Stadtverordneten den Beschluss für ein neues Spaßbad, das die bestehenden Schwimmhallen, vor allem die 1971 eröffnete Halle am Brauhausberg ergänzen sollte. Der Abriss von Gebäuden aus der DDR- Zeit ist leider Regel, nicht Ausnahme in Potsdam. So wird auch der Abriss dieser nachkriegsmodernen Schwimmhalle, die nach dem Vorbild der denkmalgeschützten Dresdner Schwimmhalle am Freiberger Platz konstruiert wurde, erstmals im Sommer 2004 von städtischer Seite vorgeschlagen, nachdem ein privater Investor am Spaßbad-Projekt gescheitert war.

Im Eingangsbereich dominieren nüchterne Funktionalität und postmoderne Farbigkeit. (Bild: Marcus Bredt)

2005 konnte zur Überraschung vieler Oscar Niemeyer gewonnen werden, ein neues, kommunales Sport- und Freizeitbad am Standort der bestehenden Schwimmhalle zu entwerfen. Er legte einen landschaftlich eingebundenen, den Prinzipien der Moderne verpflichteten Entwurf unter Erhalt des Bestands vor. Dieses Konzept wird jedoch leider wegen zu hoher Baukosten von der Stadt abgelehnt. Es folgen noch mehrere Debatten und eine Bürgerbefragung zum Standort eines neuen Bades, aus der der bestehende 2011 als Sieger hervorgeht. Die Unterschutzstellung des Bestandsgebäudes lehnt das Brandenburger Landesdenkmalamt 2011 allerdings mit fragwürdiger Begründung ab. Die Halle sei nur ein «Wiederholungsbau», so die Begründung. Da Stadtvillen an Stelle des Bestand entstehen sollen, sind im Architekturwettbewerb 2013, den gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner gewinnen, nur Neubaukonzepte gefragt. 

Das neue Bad befindet sich unweit des Vorgängerbaus am Fuße des Brauhausbergs, gegenüber vom Potsdamer Hauptbahnhof. (Bild: Marcus Bredt)

gmp Architekten beschreiben ihren Entwurf selbst als «dezidiert urbane Konzeption», die «sich durch klare Raumkanten, sinnfällige Orientierungen der Innen- und Außenräume sowie gezielte visuelle Bezüge zur näheren und weiteren Umgebung auszeichnet.» Mit «urban» dürfte das Zusammenfassen von Sport- und Freizeitbad sowie Wellnessbereich in einem kompakten, im Grundriss nahezu quadratischen, dreigeschossigen Bauvolumen von fast 8.000 qm Nutzfläche gemeint sein. Leider besitzt der Neubau jedoch das antiurbane, seelenlose Erscheinungsbild eines Bau- oder Großmarktes. Daran können auch die großzügig verglasten ein- bis zweigeschossigen Fassadeneinschnitte nichts ändern. Auch im Inneren des Gebäudes, das mit 40 Millionen Euro sogar teurer als der Niemeyer-Entwurf wurde, herrscht langweilige Funktionalität, unterbrochen nur von verspätet postmodernen Farbakzenten. Da kommt Sehnsucht auf - nach der alten Halle und der Architektur Oscar Niemeyers.

Das Freizeitbad öffnet sich mit einer zweigeschossigen Verglasung zum Freiraum. (Bild: Marcus Bredt)

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