Kultur, Natur, Landwirtschaft

Carsten Sauerbrei
12. Oktober 2017
Inmitten des hügeligen, oberbayrischen Voralpenlands befindet sich das neu errichtete «Lange Haus». (Bild: Stefan Müller-Naumann, SNB)

Kultur und Landleben zu verbinden, dafür gibt es zahlreiche Beispiele in Deutschland. Dies aber in solch großem Maßstab zu etablieren, wie es die Firmenerbin Susanne Klatten 2012 mit der Stiftung Kunst- und Kulturstiftung Nantesbuch getan hat, ist wohl einzigartig. Auf zwei Gutshöfen, Karpfsee und Nantesbuch, inmitten eines 320 Hektar großen Landguts mitten im oberbayerischen Voralpenland organisiert die Stiftung Veranstaltungen mit Kultur- und Naturbezug, von Ausstellungen und Lesungen bis hin zu Naturerkundungen, und widmet sich gleichzeitig der Landschaftspflege.

Die Holzkonstruktion des Obergeschosses ruht auf den Grundmauern zweier ehemaliger Stallgebäude. (Bild: Stefan Müller-Naumann, SNB)

Auf dem Gut Karpfsee sanierten Florian Nagler Architekten, München in den letzten beiden Jahren zwei Bauernhäuser und brachten dort die Verwaltungsbüros der Stiftung sowie zwei Wohnungen unter. Außerdem errichtete das Büro eine Remise für landwirtschaftliche Geräte sowie das Ende Juni eingeweihte «Lange Haus», das zur Hälfte als Viehstall und Heuboden zur anderen Hälfte als Seminar- und Veranstaltungsgebäude mit Gästezimmern genutzt wird.

Im gesamten Haus, wie hier im Kaminzimmer prägt das Wechselspiel zwischen Tradition und zeitgenössischer Eleganz den Raumeindruck. (Bild: Stefan Müller Naumann, SNB)

Das «Lange Haus» sollte, so wie das ganze Gelände, mit minimalen Eingriffen in den Bestand errichtet werden. Daher ruht auch sein Obergeschoss, eine Holzskelettkonstruktion aus sägerauen Fichtenbalken, auf den weiß geschlämmten Grundmauern zweier ehemaliger Stallgebäude. Die großzügigen Verglasungen der Holzkonstruktion kaschierten die Architekten mit hölzernen Vertikallamellen, was das Haus von außen traditioneller erscheinen lässt als im Inneren. Schon in der zweigeschossigen Eingangshalle zum Seminarbereich, die sich auf beiden Seiten zur umgebenden Landschaft öffnet, zeigt sich ein dezidiert zeitgenössischer Einsatz von Formen und Material, unter anderem mit einem Oberlichtband im Satteldach und Tür- und Fensterrahmungen aus Stahl.

Zur Hälfte wird das Gebäude als Viehstall mit Heuboden genutzt. (Bild: Stefan Müller-Naumann, SNB)

Das Wechselspiel zwischen einem traditionell konstruierten, zu großen Teilen hölzernem Gebäude und einem elegant modernen Innenausbau setzt sich im ganzen Haus, mit Ausnahme des Stalls, fort. Fichtenholz, eigens angefertigte Möbeln aus Eschenholz und geschliffener Estrich prägen den Raumeindruck in attraktivem Kontrast mit weißem Verputz sowie Einbauten aus brüniertem Stahlblech. Zu der Entscheidung, «auf die räumliche Kraft einfacher Konstruktionen und die sinnliche Kraft vertrauter Materialien und handwerklicher Details» zu setzen, wie Florian Nagler zur Eröffnung erläuterte, kann man den Architekten nur vorbehaltlos gratulieren.

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