Kirchenneubau von Eberhard Wimmer geweiht

Holzkegel für Holzkirchen

Carsten Sauerbrei
19. April 2018
Innenraum der neuen Kirche St. Josef. (Bild: Erzbischöfliches Ordinariat München, Achim Bunz)

Anzunehmen, dass in Zeiten abnehmender Mitgliederzahlen Kirchen als Bauaufgabe für Architekten lediglich als Umbau und Neunutzung infrage kommen, wird der komplexen Realität nicht gerecht. Erstaunlich oft entstehen Kirchen und Gemeindezentren als Neubauten mit hoher Architekturqualität, was allein ein gutes halbes Dutzend Berichte auf German Architects im Jahr 2017 beweisen. Mitte März weihte schließlich der Münchner Kardinal Marx in Holzkirchen das bis dato jüngste deutsche Kirchenbauprojekt ein, die Neubauten der Kirche «St. Josef der Arbeiter» und der Kapelle «Zur Heiligen Familie» im oberbayrischen Holzkirchen, entworfen vom Münchner Architekten Eberhard Wimmer.

Kirche St. Josef (Mitte), Kapelle Zur Heiligen Familie (rechts) sowie der bestehende Kirchturm. (Bild: Erzbischöfliches Ordinariat München, Achim Bunz)

Die beiden neuen Gebäude Eberhard Wimmers ersetzen den baufällig gewordenen Kirchenbau von 1959-62 des Architekten Franz Ruf am gleichen Standort. Wimmer platzierte die Neubauten entlang eines überdachten Weges zwischen dem bestehenden Kirchturm am Kirchplatz als Überrest des Ruf-Baus im Süden und dem Pfarrhof im Norden. Beide verbindet ein einfaches, flaches Dach, das ein klar und zurückhaltend gestaltetes Foyer überdeckt.

Form und Materialität von Kirche und Kapelle leitete Wimmer aus dem Standort und dessen Rahmenbedingungen ab, den Bergkegeln der Alpensilhouette und dem regionaltypischen und leicht verfügbaren Baumaterial Holz. Es entstand damit ein markantes Ensemble aus altem Campanile und neuen Sakralbauten, dass den Holzkirchener Kirchplatz weithin sichtbar prägt.

Blick von der Altarinsel in die neue Kirche St. Josef. (Bild: Erzbischöfliches Ordinariat München, Fritz Ihmig)

Auch im Kircheninneren erweist sich die Kegelform als gut geeignet, um im Sinne des 2. Vatikanischen Konzils eine Versammlung der Gemeinde um den Altar zu ermöglichen. Das Oberlicht betont zusätzlich diese Ausrichtung auf die liturgischen Handlungen am Altar. Eberhard Wimmer entschied sich für eine anspruchsvolle, hölzerne Fachwerkkonstruktion als Tragwerk, die nur mithilfe digitaler Planung und Holzbearbeitung zu realisieren war.

Mit dieser Tragkonstruktion konnte Wimmer den Sakralraum stützenfrei überwölben. Außerdem erinnert sie an die archetypischen Struktur von Zeltkonstruktionen und unterstützt damit die sakrale Raumwirkung. Eberhard Wimmer ist in Holzkirchen tatsächlich das seltene Kunststück gelungen, Sakralität, Architektur, Konstruktion überzeugend miteinander zu verbinden.

Foyer zwischen Kirche St. Josef und Kapelle Zur Heiligen Familie mit Figur des Heiligen Josef. (Bild: Erzbischöfliches Ordinariat München, Fritz Ihmig)

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